Journal für ergotherapeutische Forschung und Lehre (JeFL) 3:1 (2003)


Unterstützung von Copingprozessen in der Ergotherapie, Reflektion zweier Copingkonzepte anhand einer Falldarstellung

 

Tina Tsiklakidou

Schule für Ergotherapie an den Städtischen Kliniken Frankfurt

Die Arbeit wurde als Abschlussarbeit an der Schule für Ergotherapie  an den städtischen Kliniken Karlsruhe angefertigt

 

Inhalt

0. Einleitung

0.1 Eigene Motivation für das Thema der wissenschaftlichen Arbeit

0.2. Untersuchungsfragen und Untersuchungsmethodik

1. Kapitel. Krise

1.1. drei Definitionen des Begriffs Krise

1.2. Zusammenfassung der Aussagen

1.3. Das Konzept der kritischen Lebensereignisse

1.4. Abgrenzung zur einfachen Problemsituation

1.5. Beispiel einer Krisensituation im Kontext ergotherapeutischer Arbeit

2. Kapitel. Bewältigung von Krisen

2.1. Copingkonzepte

2.1.1.Bischofs Copingstrategien

2.1.2 Dörners Copingstrategien

3. Kapitel. Analyse der Falldarstellung

3.1.Aufzeigen, der von Bischof beschriebenen Bewältigungsstrategien in der Falldarstellung

3.2.Aufzeigen,der von Dörner beschriebenen Bewältigungsstrategien in der Falldarstellung

4. Unterstützung von Copingprozessen in der Ergotherapie.

4.1.Unterstützung der Copingprozesse von Bischof in der Ergotherapie

4.2.Unterstützung der Copingprozesse von Dörner in der Ergotherapie

5.Zusammenfassung und eigene Bewertung

6. Literatur

 

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0. Einleitung

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0.1. Eigene Motivation für das Thema der Arbeit

 

In den Praktika, die ich während meiner Ausbildung zur Ergotherapeutin ableistete, begegnete ich immer wieder Menschen, die in einer Krise zu sein schienen. Sie waren weitgehend eingeschränkt in ihrer Handlungsfähigkeit, hatten oftmals soziale Unsicherheiten, Gefühle von Hilflosigkeit, Unlust, Traurigkeit aber auch Ärger und Wut. In der theoretischen Behandlung der Themen Krankheit, Krise und Bewältigungsmöglichkeiten im Psychologieunterricht konnte ich vieles wiederfinden, was ich bereits in der Praxis gesehen hatte und besser verstehen und einordnen. Dies war sehr hilfreich für das Verstehen des Patienten und seiner Situation. Ich bin der Meinung, daß das Verstehen der Verhaltensweisen eines Menschen, erst den Umgang mit ihm möglich macht. Deshalb, und für die Ausbildung meiner Rolle als Ergotherapeutin erscheint es mir wichtig, mich mit dem Thema Krisen und deren Bewältigungsmöglichkeiten, in dieser Arbeit zu beschäftigen

 

0.2. Untersuchungsfragen und Untersuchungsmethodik

 

Gegenstand der Betrachtung in dieser Arbeit sind, die verschiedenen Strategien, die ein Mensch in einer Krise anwenden kann, um den Zustand der Krise zu überwinden. In solchen Situationen reicht das sonst hinreichende Problemlöseverhalten nicht mehr aus. Es wird nötig Copingmechanismen einzusetzen. Auch soll betrachtet werden, welche Auswirkungen es hat, wenn ein Mensch keine angemessenen Copingstrategien anwendet und welche Aufgabe sich daraus für den therapeutischen Beruf ableiten lässt, um dem Menschen, bei der angemessenen Bewältigung zu unterstützen. Kapitel 1, befasst sich zunächst mit unterschiedlichen Definition von Krise. Ich möchte in diesem Kapitel den folgenden Fragen nachgehen:

 

Welche Gemeinsamkeiten in der Definition von Krise lassen sich in den Außagen der verschiedenen Autoren finden?

Welche Ereignisse können eine Krise hervorrufen?

Wann spricht man von einem Problem, das ein Mensch hat, und wie unterscheidet sich davon eine Krise

In einem konkreten Fallbeispiel aus der ergotherapeutischen Arbeit mit Patienten der Psychiatrie, möchte ich veranschaulichen:

welche Verhaltensweisen Menschen in einer Krise zeigen und welche Auswirkungen nicht bewältigte Krisen für den Menschen haben können. Daraus möchte ich im letzten Kapitel die Relevanz der Ergotherapie ableiten.

 

 

Welche Copingmechanismen in Krisensituationen zum Einsatz kommen können, beschreibt, Bischof und K.Dörner in Kapitel 2. Außerdem werden Beispiele gegeben wie Bewältigungsstrategien im Verhalten eines Menschen sichtbar werden können. Was den theoretischen Rahmen betrifft so stütze ich mich in diesem Kapitel hauptsächlich auf das Züricher Modell der sozialen Motivation(s.z.B. Bischof, 1993), sowie auf Dörners Theorie der Handlungsregulation beim Problemlösen(z.B. Dörner, 1983). In Kapitel 3 wird der beschriebene Fall analysiert. Fragen, denen nachgegangen wird, sind hier: Welche ,von Dörner und Bischof, beschriebenen Copingstrategien zeigt die Frau aus unserem Fallbeispiel bereits schon und wie unterstützt man sie weiter in der Ergotherapie.

Im 4 Kapitel werden explizit die einzelnen Copingprozesse , die in der Ergotherapie unterstützt werden aufgeführt. Den Fragen soll mit Hilfe von Informationsvergleich aus dem Internet und Literaturvergleich/Analyse nachgegangen werden.

 

1. Kapitel. Krise

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1.1. drei Definitionen des Begriffs Krise

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Liebermann (1975) definiert Krise als Übergangsperiode. „Eine Periode in denen routinemäßige Formen des Verhaltens durch soziale oder biologische Veränderungen unterbrochen werden. Die Krise bringt das Individuum in die Situation der Herausforderung.“ Für Holmes & Rahe (1967, 217) stellen Krisen stressreiche Lebensereignisse dar, deren Eintritt entweder eine bedeutsame Veränderung im aktuellen Lebensmuster des Individuums erfordert, oder auf eine solche hindeutet. Antonovsky & Kats (1967,16) wiederum bezeichnen Lebenskrisen als objektiv beschreibbare Situation, bei deren Konfrontation allgemein Stress eintritt und die eine Erfahrung einschließen, die entweder Leid aufbürdet oder eine Rollentransformation erfordert.

 

 

1.2. Zusammenfassung der Aussagen

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Zwei der oben dargestellten Definitionen sind der Auffassung, dass Krisen durch Veränderungen( bei Liebermann speziell soziale, biologische) eingeleitet werden. Der Ausgang einer Krise - darüber sind sich alle hier aufgeführten Autoren einig - , ist ein Weg in eine Veränderung. Krisen werden also als Zeichen gesehen, etwas im Leben eines Menschen zu verändern. Sei es die Rolle eines Individuums oder allgemeine Lebensverhältnisse in denen es lebt. Somit stellt sich dem Individuum eine neue Herausforderung, die durchaus auch Stress entstehen lassen kann und Leid erfahren lässt, jedoch auch die Möglichkeit birgt, Erfahrungen machen zu können, die ein Mensch für seine weitere Entwicklung braucht. Doch welche Veränderungen können das sein, die ein Individuum in eine Krise und zu Entwicklung führen können?

 

1.3. Das Konzept der kritischen Lebensereignisse

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Das Konzept der kritischen Lebensereignisse (Filipp, 1993) sieht die Chance für Entwicklung in den sogenannten Entwicklungsaufgaben. Sie stellen Einschnitte im Leben eines Menschen dar, die entweder angemessen bewältigt werden können und zu Entwicklung führen oder in eine Krise bzw. Krankheit münden können. Es gibt zwei Arten von Entwicklungsaufgaben. Die die generell fast jedem begegnen, weil sie biologisch determiniert (z.B. Alterungsprozess) oder gesellschaftlich bestimmt sind (z.B. Partnerwahl in einem bestimmten Alter, Familiengründung) und die, die sehr individuell im Leben eines Menschen auftreten. Die individuell auftretenden Entwicklungsaufgaben  werden Lebensereignisse genannt, die anderen Schwellensituationen.

 

 

Schwellensituationen                                                                Lebensereignisse

Merkmale: -Sie begegnen generell fast jedem Menschen -Sind relativ stark an Alterabschnitte gebunden                                         Merkmale -Treten sehr individuell auf -sind unabhängig vom Alter

Beispiele: -Kinder kommen in dei Schule/Beruf -Kinder trennen sich vom Elternhaus -heranwachsende Kinder suchen sich Partner -Familiengründung -Eltern orientieren sich nach Auszug der Kinder beruflich neu -Eltern werden Großeltern -Pensionierung -Partner stirbt                  Beispiele: -Todesfälle in der Familie/Verwandtschaft, Freundeskreis -Unfälle/Verletzungen -Scheidung -Krankheit

 

 

 

Entwicklungsaufgaben können verschiedene Reaktionen bei einem Individuum hervorrufen. Es können Reaktionen folgen, die eine Anpassung an die neue Situation versuchen.  z.B. aneignen neuer Verhaltensweisen, neue Partnersuche starten, neues soziales Netz suchen , neuen Beruf wählen, erneut in den Beruf einsteigen. Oder emotionale Reaktionen, wie Niedergeschlagenheit, Trauer, Mutlosigkeit, treten auf, die Anpassungsprozesse blockieren. Ersterer Weg kann zu Entwicklung führen. Der Zweite kann in Krankheit bzw. Krise münden. Wann ist jedoch nun wirklich von einer Krise zu sprechen und wann stellt eine veränderte Situation „nur“ ein Problem dar? Wie unterscheidet sich ein Problem von einer Krise?

 

1.4. Abgrenzung zur einfachen Problemsituation

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Systemtheoretisch betrachtet ist ein Problem eine Abweichung zwischen einem Ist-Zustand und einem gewünschten Soll-Zustand.  Der Mensch besitzt kognitive Lösungsstrategien um diese zu bewältigen. Den erfolgreichen Problemlöse- Prozess kennzeichnen verschiedene Aktivitäten, wie:

explorieren

nachdenken

planen

entscheiden

handeln.

Ein Individuum hat also spezifische kognitive Kompetenzen um bestimmte Probleme zu lösen. Gelingt ihm die Lösung, kann es in Handlung gehen, etwas an der Situation verändern oder sich verändern, und zur Routine des Alltags übergehen. Es wird nicht weiter emotional oder kognitiv gefordert, wird nicht mehr weiter durch das Problem beeinträchtigt, oder beeinflusst. Ist ein Problem (die Diskrepanz zwischen Ist- und Soll-Zustand) jedoch zu groß, können die sonst eingesetzten Problemlösungs-Strategien nicht ausreichen um es angemessen zu lösen. Das Individuum kann bei längerem - nicht lösen- der Situation in eine kritische Situation = Krisen-Situation gelangen. In Krisen zeigen Menschen veränderte Verhaltensweisen und Empfindungen. Droß (2001) identifiziert eine Krise dann, wenn folgende Verhaltensweisen oder Umstände sichtbar werden. Sie sagt „Von einer Krise, ist dann zu sprechen, wenn...ein Zustand psychischer Belastung eingetreten ist, der sich deutlich von der Normalbefindlichkeit einschließlich ihrer Schwankungen abhebt, als kaum mehr zu ertragen empfunden wird und zu emotionalen Destabilisierungen führt, die widerfahrenen Ereignisse und Erlebnisse die bisherigen Lebensgewohnheiten und Umstände und die Ziele massiv infrage stellen oder unmöglich machen, die veränderte Situation nach Lösung verlangt, die aber mit den bisher verfügbaren oder selbstverständlichen Möglichkeiten der Problemlösung oder Anpassung nicht bewältigt werden können.“

 

1.5. Beispiel einer Krisensituation aus der ergotherapeutische Arbeit

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Frau X ist 38 Jahre alt und ist seit 4 Monaten in der psychiatrischen Tagesklinik. Sie wurde von ihrer Mutter (66Jahre alt) in die Klinik gebracht, da sie sich Sorgen um den Zustand ihrer Tochter machte. Beim Aufnahmegespräch mit dem Arzt erklärte die Mutter von Frau X Ihre Tochter schaffe es nicht, oder nur ganz schwer, ihren Haushalt zu organisieren, mache nichts in ihrem Haus, liege nur rum, meist in verdunkeltem Zimmer, weine viel, rede kaum und meide jeglichen Kontakt zu früheren Freunden und Bekannten. Manchmal hätte sie auch plötzliche Wutanfälle bei denen sie laut schreie und Dinge gegen die Wand schmeiße. Gegen Person richte sie sich aber nicht, beteuert die Mutter. Auf die Frage, seit wann sich denn das Verhalten ihrer Tochter geändert hat, berichtet sie von einem Ereignis der Trennung. Ihre Tochter sei 12 Jahre glücklich verheiratet gewesen. Im dritten Jahr der Ehe bekamen sie einen Sohn, der inzwischen 9 Jahre alt sei. Bis dahin hatte sie als Floristin in einem Geschäft gearbeitet. Seit der Geburt des Kindes sei sie Hausfrau und Mutter. Im 10. Ehejahr ging ihr Mann eine außereheliche Beziehung mit einer anderen Frau ein. Als die Frau X es herausbekam, versuchte sie trotz großer Verletzung, wie sie selbst berichtet, die Beziehung zu ihrem Mann aufrechtzuerhalten und „noch zu retten.“ Sie tat das primär, sagt sie, wegen dem gemeinsamen Sohn. Doch es gelang nicht. Einige Monate später reichte ihr Mann die Scheidung ein und zog aus dem gemeinsamen Haus aus. Dieses Ereignis der räumlichen Trennung liegt jetzt schon mehr als ein Jahr zurück. Seither lebe sie mit ihrem Sohn allein in dem noch nicht abbezahlten Eigentumshaus, das viel zu groß sei. Meist schaffe sie es ihrem Sohn eine Mahlzeit zu kochen, wenn er von der Schule kommt, was ihr jedoch zunehmend immer schwerer falle, berichtet Frau X selbst mit schwacher Stimme. Manchmal, wenn ihr alles zu viel wird, könne er auch zu Oma zum Essen gehen, die auch sonst hilft, wo sie nur kann.

 

Seit ihr Mann gegangen ist, hätte sich viel in ihrem Leben verändert erzählt Frau X: Sie müsste alles alleine machen, Dinge die vorher ihr Mann erledigte fielen nun in ihren Aufgabenbereich, die Verantwortung für ihren Sohn hätte jetzt einzig und alleine sie, Erziehungsfragen müsse sie alleine klären und entscheiden, um die finanziellen Absicherungen müsse sie sich nun kümmern. Sie verspüre oft Hilflosigkeit, Niedergeschlagenheit, Trauer, Wut, Mutlosigkeit, Antriebslosigkeit und Schuldgefühle, das sie sich so vor den Augen ihres Sohnes hängen lasse und Scham darüber, das sie in einer solchen Situation sei. Zudem habe Frau X seit mehreren Monaten starke Kopfschmerzen und Schmerzen im Bereich des Herzens. Mal sei es ein Brennen, mal ein Stechen in diesen Gegenden. Medizinische Untersuchungen ließen keine organische Ursache erkennen. Dennoch beteuert Frau X die Schmerzen seien vorhanden und sie belasten sie sehr und beeinträchtigen ihr Leben. Sie könne nicht schlafen, sich nicht vom Sitzen ins Stehen begeben , sich nicht richtig bewegen, weil ständig etwas weh tut. Frau X wirkt sehr verzweifelt über ihre Lage und hilflos. Sie scheint aber nicht aktiv etwas an der Bewältigung ihres Zustandes tun zu wollen oder zu können.

 

Diagnose des behandelnden Arztes und Psychiaters ist eine psychoreaktive Störung mit depressiven Symptomen und organisch unbegründete Störungen. Verordnete Maßnahmen zur Behandlung ihrer Symptome und Bewältigung ihrer Situation sind:

-Ergotherapie

-Verhaltenstherapie

-Soziotherapie und

-Entspannungstechniken

Oben gezeigter Fall zeigt, was Veränderungen einer Lebenssituation für einen Menschen bedeuten können. Er zeigt auch, in welcher Weise Lebensbereiche beeinträchtigt werden und welche Auswirkungen es haben kann keine angemessenen Bewältigungsstrategien zu haben. Doch welche Bewältigungsstrategien gibt es überhaupt?

 

 

2. Kapitel. Bewältigung von Krisen

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2.1. Copingkonzepte

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In Situationen in denen das sonst hinreichende Problemlöseverhalten nicht mehr ausreicht, wird es nötig Copingmechanismen einzusetzen.

Unter Coping versteht man das Bemühen, bereits bestehende oder erwartete Belastung durch eine Krise / Krankheit innerpsychisch(emotional, kognitiv) oder durch zielgerichtetes Handeln aufzufangen, auszugleichen, zu meistern oder zu verarbeiten, von to cope with (engl.) = fertig werden mit etwas.

 

2.1.1.Bischofs Copingstrategien

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Die hier aufgeführten Copingstrategien stützen sich hauptsächlich auf das „Züricher Modell der sozialen Motivation“ (siehe z.B. Bischof,1993).

Bischof ist der Ansicht, wenn ein Problemlöseversuch über längere Zeit scheitert, entstehe Spannung. Hält die Spannung über längere Zeit an und überschreitet sie in ihrem Ausmaß eine bestimmte Schwelle kommen Copingstrategien erst zur Anwendung. Unter Copingstrategien versteht Bischof die Anwendung von im Grunde genommen allgemeinen Verhaltensweisen, die aber durch Emotion gekennzeichnet sind. Mit Hilfe dieser Verhaltensweisen versucht die Person, die bestehende Diskrepanz auf indirektem Wege zu verringern. d.h. entweder die Barriere beiseite zu räumen = instrumentell oder wenigstens die Anspannung zu verringern = palliativ. Tab2 stellt die Copingstrategien nach Bischof übersichtlich dar, und gibt Beispielen für instrumentelles und palliatives Bewältigungsverhalten (vgl. Bischof,1993,S.18,1996,S.507;Hartmann,1995,S.10) Nachfolgend werden sie genauer erklärt.

 

                                                                                                    instrumentell                                palliativ

Äußere Copingstrategien      Agression                                   etwas zerstören                        Wutausbruch

                                                     Supplikation                                um Hilfe bitten                             Weinkrampf

                                                     Invention/Exploration                  -Umwegsuche -Versuch/Irrtum -Produktives Denken                  -Bewegungssturm -blindes Durch- probieren von Verhaltensprogrammen

Innere Copingstrategien        Akklimatisation                            Abnahme der Unternehmungslust                                                 Identifikation mit dem Aggressor

                                                     Revision                                      Der Situation eine neue Seite abgewinnen                                   Verdrängung

 

Wie man aus der Tabelle ablesen kann, differenziert Bischof(Bischof,1993,S.17) zwischen äußeren und inneren Copingstrategien. Die äußeren Strategien sind beobachtbar. Mit ihrer Hilfe versucht der Betroffene den Sollzustand zu erreichen. Schafft man es nicht, so „bleiben noch zwei Möglichkeiten, durch innere[...]Prozesse die Aktivation (Spannung) zu reduzieren. Entweder kann sich der Sollwert dem Istwert anpassen(Akklimatisation) oder man ändert seine Wahrnehmung des aktuellen Ist-Zustandes und verringert so die Diskrepanz(Revision).“(Bischof, 1993, S.17)

 

a) Äußere Copingstrategien

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Aggression:

Steht man einer Barriere gegenüber, so besteht eine Möglichkeit darin, diese Barriere zu zerstören und so das Hindernis zu beseitigen(vgl.Bischof,1993,S.17).Dies ist die instrumentelle Variante dieser Strategie. Diese aggressive Bewältigungsstrategie beruht auf ärger und ist zu unterscheiden von „lustvoller“ Aggression im Sinne von „sich behaupten“ oder „Kräftemessen“(vgl.Konradt,1982,S.278) Ein Beispiel für die palliative Variante von Aggression ist der Wutausbruch, der zwar wahrscheinlich das vorhandene Problem nicht löst, aber zur emotionalen Regulation der angestauten negativen Spannung beitragen kann.

 

Supplikation:

Eine weiter Möglichkeit mit einer schwierigen Situation fertig zu werden, besteht darin, andere Personen um Hilfe zu bitten(vgl.Bischof,1985,S.448). Dies kann man direkt tun, indem man jemand bittet, mit anzupacken, oder indem man sich Informationen holt. Indirekt kann um Unterstützung gebeten werden, indem Schwäche gezeigt wird, um auf diese Weise mächtigere oder kenntnisreiche Personen zur Hilfeleistung zu motivieren(s. Bischof,1993,S.19). Zur supplikativen Bewältigungsstrategie greift eine Person aus einem Gefühl heraus, das nach Bischof(ebd.,S.17) am ehesten als „Hilflosigkeit“ bezeichnet werden kann. Unter der palliativen Variante der Supplikation versteht Bischof das Weinen, das zur Bewältigung der aufgestauten Anspannung dienen kann (s. Bischof, 1993, S.17;1985, S.449).

 

Invention:

Gemäß dem Sprichwort „Not macht erfinderisch“ kann ein Problemlöser im Falle der Konfrontation mit einem scheinbar unlösbaren, unüberwindbaren Problem / Barriere natürlich auch einen Umweg um die Barriere suchen. Zu den instrumentellen Verhaltensweisen rechnet Bischof hier Versuch-Irrtum-Verhalten genauso wie produktives Denken(vgl.Bischof,1985) Auch bei der Invention gibt es palliative Reaktionsmöglichkeiten: Eine Person kann ihre Anspannung mittels „hektischer Geschäftigkeit“(s. Bischof 1993, S. 17) bzw. einem „panischen Bewegungssturm“ (Bischof,1985,S.452)abbauen. Sie kann auch andere anwesende Personen ansprechen und sich über Dinge unterhalten, die mit der Lösung des Problems nichts zu tun haben, sich also ablenken. Auch dies kann helfen, die angespannte Situation leichter ertragen zu können

 

 

 

b) Innere Copingstrategien

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Akklimatisation:

Die Person nähert nicht den aktuellen Ist-Wert an, sondern geht den umgekehrten Weg. Nachdem andere Versuche erfolglos endeten, passt sie den ursprünglichen Soll-Zustand dem augenblicklichen Ist-Zustand an. Die Person ändert also ihr ursprüngliches Ziel(s.Bischof,1993, S.17). Sie versucht nicht mehr, die Barriere zu überwinden, sondern gibt sich mit der gegebenen Situation zufrieden bzw. misst ihr nicht mehr so viel Bedeutung bei und wendet sich einem anderen Interesse zu. Bischof bewertet diese Strategie deutlich positiv:“ Eine Umbewertung der Situation, die das Dagegen - Ankämpfen überflüssig macht, kann u. U eine sehr funktionale Strategie sein.“

 

Revision:

Die Person nimmt die gegebene Ist-Situation mit anderen Augen wahr, sie versucht z.b. Der Situation eine neue Seite abzugewinnen (vgl. Bischof,1993, S.18). So könnte sich jemand in einer schwierigen Situation denken, dass er zwar momentan in Problemen steckt, aber dadurch eine wichtige Erfahrung macht. Auch das nochmalige und nun eventuell realistischere Beurteilen der Situation gehört hierher. Um sich von der Anspannung zu befreien, kann man aber auch „einfach“ die vorhandene Diskrepanz zwischen Soll- und Ist- Wahrnehmung  verdrängen. Dies wird als palliative Variante der Copingstrategie „Revision“ betrachtet (Bischof,1993,S.17).

 

2.1.2 Dörners Copingstrategien

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Laut Dörner stellt das Streben nach Kontrolle ein menschliches Grundbedürfnis dar. Der Mensch strebt danach, die Realitätsbereiche, in denen er sich bewegt, so zu beherrschen, dass er ungefährdet seine Bedürfnisse befriedigen kann. Ist dies der Fall, fühlt er sich kompetent. Gelingt es ihm nicht, erzeugt die Nichtbefriedigung dieses Kontrollbedürfnisses ein Gefühl der negativen Spannung mit der Tendenz, diese Kontrolle wiederzuerlangen. Dazu bedarf es bestimmter Mechanismen, die im folgenden aufgeführt und beschrieben werden. Dörners Konzept der Handlungsregulation wird die intellektuelle Notfallreaktion (s. Dörner, 1980) genannt bzw. 1983 die „Notfallreaktion des kognitiven Systems“. Diese Reaktion dient dazu, in unspezifischen Gefahrensituationen eine Bereitschaft herzustellen, schnell handeln zu können. In einer solchen Situation denkt die betroffene Person nicht mehr viel nach, statt dessen wird die motorisch-sensorische Peripherie aktiviert, insgesamt wird der ganze Organismus auf die Aufrechterhaltung seiner Handlungsfähigkeit ausgerichtet. Dafür stehen ihm in Anlehnung an Lazarus (1966,1968) drei Grundmöglichkeiten der Reaktion zur Verfügung:

 

Angriff

Vermeidung (Flucht )

Aufgeben (s. auch Strohschneider, 1993, S. 48 ff).

Dörner nennt diese drei Verhaltensweisen „Terminierungsreaktionen“. Sie dienen der „Beendigung der Behandlung einer Absicht, also dem Abbruch des rein zielgerichteten Problemlösens“. Ihr Ziel ist es, das gefährdete Kompetenzgefühl des Individuums zu retten und die Emotionen zu regulieren.

 

a)aktive Verhaltensweise

 

Die aktive Verhaltensweise (Angriff) dient dazu Veränderungen zu schaffen um die Kontrolle über die „Realitätsbereichen“ wiederzuerlangen, die in einer Krise verloren geht.

 

Angriff:

Darunter versteht Dörner, das aufgetretene Problem (Veränderung, Hindernis) anzugehen. Die vorhandenen Kräfte werden mobilisiert um das Hindernis zu „zerschlagen“ oder beiseite zu schieben. Das Individuum wird also aktiv. Zu den Angriffsstrategien zählen: Invention und Austauschen von Zielen

 

Invention:

Hierunter fallen alle Strategien, derer sich ein Individuum bedienen kann, wenn es sich mit einem Problem konfrontiert sieht, das seine epistemische Kompetenz übersteigt und somit den Einsatz von Heurismen erfordert. Ein Heurismus ist eine allgemeine Strategie, um eine Lösung zu finden, die nicht einfach aus dem Gedächtnis abgerufen werden kann. Stattdessen müssen einzelne Problemlöseschritte neu kombiniert oder sogar konstruiert werden. Dabei können verschiedene Strategien zur Suchraumerweiterung (Kreativitätstechniken, die bisher nicht beachtete Lösungsalternativen miteinbeziehen) und Suchraumeinengung (Strategien, die die Anzahl der potentiell möglichen Strategien auf die zielführenden reduzieren)zum Einsatz kommen. Diese Heurismen sind verschiedene Arten des inventiven Umgangs mit Problembarrieren.

 

Austauschen von Zielen:

Als eine weitere Möglichkeit im Umgang mit „unlösbaren“ Problemen beschreibt Dörner das Austauschen von Zielen. Der „Fuchs, dem die Trauben zu sauer sind“, an die er nicht herankommt, kann sich mit ungeschmälertem Kompetenzempfinden auf die Hühnerjagd machen, um seinen Hunger zu stillen. Dörner nennt diese Strategie „Wechsel des Realitätsbereichs.“

 

b) Rückzugsverhaltensweisen

 

Alle Rückzugsverhaltensweisen(Vermeidung,Flucht, Aufgeben) so Dörner,“dienen dazu, das Kompetenzgefühl zu retten und die negativen Emotionen zu regulieren.“

 

Einkapselung:

Die Einkapselung in einen gut beherrschbaren Realitätsabschnitt. Damit ist gemeint, daß; sich die Person einem Bereich des Problems widmet, in dem sie Kompetenz hat, den Rest aber ausblendet. So erreicht sie, daß; sie zu den für ihr Kompetenzempfinden notwendigen Erfolgserlebnissen gelangt, riskiert damit aber gleichzeitig, die Lösung des Gesamtproblems aus den Augen zu verlieren.

 

Resignation:

Darunter verteht Dörner, daß; das Individuum es aufgibt, das Problem lösen zu wollen und sich in eine für es aversive(unveränderbare) Situation fügt. Das Individuum versucht nicht mehr, die Barriere zu überwinden, sondern gibt sich mit der gegebenen Situation zufrieden, scheint also die gegebene Situation in sein Leben zu integrieren.

 

Internalisierung:

Darunter versteht Dörner, wenn eine Person nicht mehr handelt, sondern sich Tagträumen hingibt, in denen sie Erfolg haben kann.

 

Supplikation:

Supplikation kommt bei Dörner nicht explizit vor. Dörners Theorie ist eine am Individuum ausgerichtete, so daß; interaktionelle Strategien nicht weiter betrachtet werden.

 

3. Kapitel. Analyse der Falldarstellung

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Frau X zeigt folgende Verhaltensauffälligkeiten, was auf ihre Bewältigungsstrategien hindeuten kann:

Liegt in ihrem Haus „nur rum“, meist in verdunkeltem Zimmer

schafft es nicht, oder nur ganz schwer, ihren Haushalt zu organisieren

weint viel

redet kaum

meidet jeglichen Kontakt zu früheren Freunden und Bekannten

Hat manchmal plötzliche Wutanfälle bei denen sie laut schreie und Dinge gegen die Wand schmeiße.

Sie verspürt oft Hilflosigkeit, Niedergeschlagenheit, Trauer, Wut, Mutlosigkeit, Antriebslosigkeit und Schuldgefühle, das sie sich so vor den Augen ihres Sohnes hängen laße und Scham darüber, das sie in einer solchen Situation sei.

hat starke Gelenkschmerzen, Kopfschmerzen und Schmerzen im Bereich des Herzens.

 

 

3.1. Aufzeigen der von Bischof beschriebenen Bewältigungsstrategien

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Es lassen sich folgende Beschreibungen von Bischof bei Frau X wiederfinden:

a) palliative Variante von Aggression

b) palliativen Variante der Supplikation

c) instrumentelle Variante der Supplikation

d) instrumentelle Akklimatisation.

 

Zu a) Frau X zeigt manchmal scheinbar unmotivierte Wutausbrüche in ihrem Haus. Sie wirft Gegenstände an die Wand. Der Wutausbruch dient laut Bischof der emotionalen Regulation der angestauten negativen Spannung.

 

Zu b) Auch das Weinen von Frau X dient der Spannungsbewältigung und ist zu der palliativen Variante der Supplikation zu zählen.

(nach Bischof,1993)

 

Zu c) Bischof beschreibt eine weitere Möglichkeit um mit einer schwierigen Situation fertig zu werden, bestehe darin, andere Personen um Hilfe zu bitten(vgl.Bischof,1985,S.448). Frau X tut dies auf indirektem Weg.

Sie fragt nicht um Hilfe. Dennoch berichtet sie ihrer Mutter von ihren Schwierigkeiten und ihren Gefühlszuständen. Bischof sagt, das auf diese Weise mächtigere oder kenntnisreichere Personen zur Hilfeleistung motiviert werden.(s. Bischof,1993,S.19). Ihre Mutter, die keine Schwierigkeiten in ihrem Leben aufweist und vermutlich einige Lebenserfahrungen mehr hat, stellt eine solche kenntnisreiche und mächtige Person dar. Und sie wird scheinbar auch motiviert. Denn sie ist es, die ihre Tochter in die Klinik bringt, sich Sorgen macht und ihre Tochter unterstützt wo sie nur kann. Zur supplikativen Bewältigungsstrategie greift eine Person aus einem Gefühl heraus, das nach Bischof (ebd.,S.17) am ehesten als „Hilflosigkeit“ bezeichnet werden kann. Frau X berichtet von ihrem Gefühl von Hilflosigkeit.

 

Zu d) Frau X zeigt keinerlei Unternehmenslust, sie scheint geringfügig aktiv, meidet Kontakte. Dies ist genau der Zustand, den Bischof unter Akklimatisation (instrumentell) beschreibt.

 

3.2.Aufzeigen, der von Dörner beschriebenen Bewältigungsstrategien

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Dörner beschreibt Verhaltensweisen, die sich auch bei Frau X finden lassen:

Frau X zeigt deutliches Rückzugsverhalten. Sie verkriecht sich in einen abgedunkelten Raum, will keine Kontakte mit Freunden und Bekannten. Laut Dörner hat sie dadurch die Möglichkeit negativen Emotionen zu regulieren.

Frau X vollzieht die von Dörner beschriebene Einkapselung in einen gut beherrschbaren Realitätsabschnitt. Damit ist gemeint, dass sich die Person einem Bereich des Problems widmet, in dem sie Kompetenz hat, den Rest aber ausblendet. Frau X´s Realität spielt sich bei ihr im Haus ab. Sie hat sich dahin zurückgezogen. Dennoch übernimmt sie auch da, nur die Bereiche in denen sie Kompetenzen zu haben scheint. Sie macht beispielsweise die Mahlzeiten für ihren Sohn und Teile des Haushaltes, wenn sie sich dazu motivieren kann. Ein Teil ihres Problems und zwar das „Durcheinander“ in ihrem Leben geht sie somit an, den Rest (sich um Finanzen kümmern, arbeiten gehen) blendet sie aus. Zusammenfassend ist zu sagen, dass Frau X einige Mechanismen der Bewältigung aufweist, die Bischof und Dörner beschreiben. Bischof unterscheidet, ähnlich wie Dörner, zwischen zwei Arten von Bewältigung. Die eine, ist aktiv und dient der Lösung und Beseitigung eines Problems und die andere, lässt äußerlich oft keine aktive Handlung erkennen. Sie reguliert den Emotionszustand. Frau X verwendet weitgehend die emotionsregulierenden Mechanismen zur Bewältigung ihres kritischen Zustandes. Die problemlösenden lässt sie weitgehend außer acht. Sie bearbeitet ihre Probleme also „einseitig“. Ihre Handlung leidet jedoch darunter, die Interaktion mit Mitmenschen, ihre soziale Sicherheit und somit die Sicherheit des alltäglichen Lebens. Zusätzlich wird ihr Wohlbefinden und ihre Gesundheit beeinträchtigt. Ihre Probleme werden also Zusehens mehr.

 

In der Ergotherapie gibt es Methoden der Behandlung, die primär zum Ziel haben, Emotionen zu regulieren = ausdruckszentrierte Methode und andere, die gezielt Probleme des Alltags lösen bzw. beseitigen wollen (und sekundär noch emotionsregulierend wirken können)=problemorientierte Methode. In der Ergotherapie könnte also versucht werden Frau X in beiden Bewältigungsformen gleichmäßig zu unterstützen. Bereits laufende Bewältigungsprozesse könnten weiter unterstützt werden, neue Bewältigungsprozesse(Ressourcen) aufgezeigt werden, so dass; ein Gleichgewicht in der Bewältigungsform stattfinden kann. „Bewältigung,....“ so Hautzinger(1998) ...“ist abhängig von den Ressourcen, über die ein Mensch verfügt. Ressourcenmängel steigern das Risiko, dass Krisen ungünstige Verläufe nehmen.“ Durch Aufzeigen neuer Ressourcen bzw. beüben alter Ressourcen in der Ergotherapie, kann die Chancen zur angemessenen Bewältigung und somit ein Ausgang der kritischen Situation gesteigert werden. Symptome von Krankheiten, Leidzustände der Patienten können gelindert werden. Der Patient kann wieder zu mehr Selbständigkeit, Selbstvertrauen, Wohlbefinden, Zufriedenheit und somit zu Gesundheit geführt werden. Dies stellt eine wichtige Basis für das Meistern des Alltags für einen Menschen dar. Ein Individuum kann sein Leben wieder selbst in die Hand nehmen, sich den Gegebenheiten seines Alltags stellen, sich ihnen anpassen oder sich diese, wenn möglich, passend machen. Jedoch ist im Vorfeld abzuklären, welche Ziele Frau X für sich selbst und ihr Leben hat . Welche Veränderungen will sie vornehmen(bei sich aber auch im Umfeld), damit es ihr besser geht?

 

Welchen Willen hat sie etwas zu verändern?

Was kann sie weitgehend selbst angehen und wofür wird sie Unterstützung und Hilfe brauchen?

Für welche Schritte kann sie in der Ergotherapie vorbereitet werden? Was braucht sie in der jetzigen Phase, damit es ihr besser geht?

Was kann ihr in der Ergotherapie angeboten werden, das ihr bei der Bewältigung hilft?

Diese Informationen, gilt es bei einem Gespräch mit der Patientin herauszubekommen, um konkrete Ziele für die Therapie formulieren zu können. Erst durch gezielte Vereinbarungen kann eine Therapie effizient sein.

 

In Gesprächen mit den Ergotherapeuten, den Ärzten, den Sozialarbeitern des Klinikteams und Frau X wurden folgende Ziele festgelegt, die als günstig für die Bewältigung der Krise angesehen werden.

 

Frau X soll in eine kleinere Wohnung mit ihrem Sohn ziehen. Da diese etwas weiter weg vom Wohnort der Mutter/Oma ist, soll Frau X wieder Sicherheit in den Haushaltstätigkeiten erlangen. Dazu soll sie an der Haushaltsgruppe der Ergotherapie teilnehmen. Hier werden gezielt Fähigkeiten und Fertigkeiten geübt. Es wird also gezielt an Problemen, die Frau X aufweist geübt = problemzentrierte Methode.

 

Frau X soll versuchen wieder eine Arbeit in ihrem früheren Bereich zu finden. Sie soll finanzielle Unabhängigkeit erfahren, wieder mehr Selbstständigkeit erlangen, Selbstsicherheit im Umgang mit Menschen und ihr Selbstvertrauen dadurch weiter steigern. Dazu soll Frau X in die Gartengruppe der Ergotherapie einsteigen, um einige Kenntnisse wieder aufzufrischen und den Umgang mit Pflanzen wieder zu erfahren. Zusätzlich kann sie interaktionelle Prozesse üben = problemzentrierte Methode.

 

Da Frau X emotional sehr beeinträchtigt scheint, soll sie die Möglichkeit erhalten ihren Gefühlen Ausdruck zu verschaffen. Sie soll eine emotionale Regulierung erfahren um wieder handlungsfähiger im Hinblick auf ihre weiteren Ziele zu werden. Frau X soll dafür in die Werkgruppe der Ergotherapie = ausdruckszentrierte Methode.

 

4.Unterstützung einzelner Copingprozessen in der Ergotherapie

 

4.1.Unterstützung der Copingprozesse von Bischof in der Ergotherapie

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Aggression:

Bischof beschreibt die Möglichkeit der Bewältigung durch Aggression. Die palliative Variante, also die, die wahrscheinlich das vorhanden Problem nicht löst, aber zur emotionalen Regulierung der angestauten negativen Spannung beiträgt, ist meist in unserer Gesellschaft nicht zulässig. Unausgesprochene Normen geben vor, kontrolliert mit seinen Gefühlen umzugehen. Man findet also wenig (meist nur in seinem Privatbereich und dort auch nur begrenzt) Möglichkeiten, die Gefühle auszudrücken, die einen im Moment bewegen, belasten, beschäftigen. So behält man sie meist in sich. Nicht verwunderlich wenn ein Mensch dann unruhig, schwermütig und nicht konzentriert erscheint. Er ist damit beschäftigt Gefühle zu unterdrücken und wird im schlimmsten Fall krank (Depression = unter Druck). In der Ergotherapie können solchen Gefühlen z.B. In den Werkgruppen, Gartengruppen, Steingruppen... ein Platz eingeräumt werden. Wut, ärger, Frustration eines Patienten können z.B. auf Material wie Holz, Stein, Ton übertragen werden. Der Patient hat während der Therapie, die Möglichkeit sich „auszulassen.“

Durch die Arbeit mit den Medien kann sich der Patient Erleichterung in seinem Gefühlsleben verschaffen und im besten Fall andere Energien wieder mobilisieren, die durch die ständige Unterdrückung der Gefühle blockiert waren. Er kann also wieder leistungsfähiger, konzentrierter, aktiver, handlungsfähiger werden, weil ihn seine aufgestauten Gefühle nicht mehr aufhalten. Empfindet der Patient diese Form von Bewältigung als gut, kann auch versucht werden eine Möglichkeit zu finden, sie in das alltägliche Leben zu integrieren. Gemeinsam mit der Therapeutin kann überlegt werden welche Möglichkeiten der Patient hat, seinen Emotionen nachzugehen. Auch müssen das nicht die selben Arbeiten sein, die während der Ergotherapie-Einheiten durchgeführt wurden. Sie können modifiziert werden z. B. Holz hacken im Garten und sich austoben, Steinmeißeln in einer Ecke des Gartens oder der Garage, Umgraben der Beete, einer sportlichen Betätigung nachgehen.

 

Supplikation:

Eine weiter Möglichkeit mit einer schwierigen Situation fertig zu werden, besteht darin, andere Personen um Hilfe zu bitten (vgl.Bischof,1985,S.448). In der Ergotherapie können Situationen geschaffen werden, die genau diese Bewältigungsstrategie unterstützen. In Gruppentherapien z. B. Kochgruppe, Werkleistungsgruppe, die den Schwerpunkt auf Förderung interaktioneller Prozesse haben, können hilfesuchende Verhaltensweisen mit mehreren Menschen geübt werden. Das Hilfe-Erfragen kann aber zunächst auch nur mit dem Therapeuten geübt werden. Dem Patienten kann mitgeteilt werden, dass der Therapeut ihm helfen wird, wenn er ihn bittet. Er soll dadurch ermuntert werden diese Fähigkeiten für seine Problemlösung zu nutzen.

Aber auch die palliativen Variante der Supplikation (z.B. Weinen) kann in der Ergotherapie unterstützt werden. Im Rahmen einer kurzen Vorbesprechung am Anfang jeder Therapie-Sitzung(geht etwa 10 Minuten), kann dem Patienten der Raum eingeräumt werden über seine Gefühle zu berichten. Er hat also die Möglichkeit sich mitzuteilen. Im besten Fall verschafft diese Handlung schon Erleichterung und der Patient kann von seinen Sorgen ablenken und eine neuer anderen Tätigkeit in der Ergotherapie Einheit nachgehen, die ihm mehr Freude bereitet. Will der Patient nicht reden, kann der Therapeut versuchen zu verstehen, wie sich der Patient fühlt. Dies ist wichtig für das weitere Arbeiten mit dem Patienten, während der Therapie-Einheit. Der Therapeut kann besser einschätzen welchen Willen der Patient hat, wie stark die Beeinflussung durch die Gefühle sind, welche Ziele für die anstehende Stunde realisierbar sein können und welche nicht. Daraufhin kann die Einheit abgestimmt werden. Auch können andere Teilnehmer erfahren wie das Befinden des jeweiligen ist. Es kann eine „Einstimmung“ aufeinander stattfinden. Durch die Transparentmachung der Gefühle kann es durchaus leichter Fallen Handlungen und Verhaltensweisen des andern zu verstehen, Kränkungen können ausbleiben und ein respektvollerer Umgang kann stattfinden. Die Patienten können neues hinzulernen: und zwar, dass es wohl möglich ist seine Gefühle mitzuteilen, sie und ihre Person werden ernstgenommen und weiterhin wertgeschätzt, das Wohlbefinden, Selbstvertauen, Sicherheit im sozialen Umgang kann steigen, Vertauen zu Mitmenschen kann steigen, Handlungen können wieder ausgeweitet werden, der Mensch kann sich Kompetent fühlen.

 

Invention/Exploration:

Für ein scheinbar unlösbares, unüberwindbares Problem/Barriere kann ein Umweg gesucht werden. Es gibt immer mehrere Wege mit einem Problem umzugehen. Ergotherapeuten können versuchen in ihrer Arbeit dieses Denken zu vermitteln. Patienten sollen dazu ermuntert werden Versuch-Irrtum-Verhalten durchzugehen, produktiv zu denken und nicht gleich mutlos aufzugeben wenn ein scheinbar unlösbares Problem vor ihnen steht. An „kleinen Problemen“ z. B. In der Werkgruppe, Kochgruppe... kann der Patient üben umzudenken, neue Wege zu erschließen, wie ein Problem angegangen werden kann. Außerdem soll er lernen, seine Gefühle während einer Problembewältigung zu reflektieren und allmählich zu kontrollieren. Denn nur so ist gewährleistet, das ihn seine Gefühle nicht blockieren und er weiterhin handlungsfähig bleibt. Der Therapeut unterstützt diese Prozesse. Häufig werden in einer Nachbesprechung Erlebniszustände des Patienten bei der Arbeit erfragt. Sie sollen dadurch bewusst gemacht werden. Der Patient soll somit die Möglichkeit erhalten, sich besser zu verstehen. Frustrationen können eventuell im Gespräch mit dem Therapeuten relativiert werden und eventuell neue Strategien im Umgang mit einem Problem besprochen werden. Dadurch können sich neue Verhaltensweisen anbahnen, Lernprozesse können stattfinden, was die Basis für Entwicklung sein kann.

 

4.2.Unterstützung der Copingprozesse von Dörner in der Ergotherapie

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Die Ergotherapie unterstützt, die von Dörner beschriebenen aktiven Verhaltensweisen. Aufgetretene Probleme (Veränderung, Hindernis) werden angegangen. Man geht ihnen nicht aus dem Weg. Durch aktive Verhaltensweisen kann ein Individuum erst etwas verändern. Sei es bei sich selbst oder in seiner Umwelt. Dadurch soll es wieder Kontrolle über die „Realitätsbereiche“ wiedererlangen, die in einer Krise verloren gegangen sind. Ergotherapeuten beteiligen sich bei sehr Umgestaltung der Probleme in den Realitätsbereichen, die ein Hindernis darstellen oder einfach nicht förderlich für den Ausgang der Krise sind. Aber auch Probleme die den Kontrollverlust über einen Realitätsbereich hervorgerufen haben werden angegangen. So daß wieder ein Kontrollgefühl und Wohlbefinden beim Menschen stattfinden kann. Im konkreten Fall werden Veränderungen am Arbeitsplatz, der Lebensgewohnheiten, der Verhaltensweisen unterstützt.

 

Invention:

einzelne Problemlöseschritte sollen bei dieser Bewältigungsstrategie neu kombiniert oder sogar neu konstruiert werden. Ergotherapeuten unterstützen das Problemlösende Denken an alltäglichen Handlungen. Es wird geübt, neue Strategien zu entwickeln und anzuwenden. Kommt ein Patient auf keine Lösung kann der Ergotherapeut den Fokus des Patienten auf eine ganz bestimmte Sache richten um ihm somit zu einer Lösung zu führen. Aber auch Umgekehrt kann ein Patient der ein Problem zu eng sieht vom Ergotherapeuten darauf aufmerksam gemacht werden, dass es mehrere Aspekte zu beleuchten gibt, das es mehrere Möglichkeiten gibt...und sie diesem aufzeigen. In einer anderen Situation kann der Patient sich eventuell an diese Hinweise erinnern und kommt selbst darauf, das es mehrere Lösungsalternativen gibt oder seine Strategien zu beschränken. Dann hat er die Strategien der Suchraumerweiterung und Suchraumeinengung gelernt.

 

Austauschen von Zielen:

Im Umgang mit „unlösbaren“ Problemen, so Dörner kann ein Mensch seine Ziele ändern. Manchmal gelingt z.B. ein bestimmtes Werkstück nicht nach Plan oder Idee. Der Ergotherapeut kann den Patienten unterstützen einen Wechsel der Zielvorstellung vorzunehmen. Eine geplante Tasse aus Keramik, deren Henkel nicht angebracht werden kann, und somit ein unlösbares Problem darstellt, kann zu einem Aschenbecher oder einem anderen funktionalen Gegenstand umfunktioniert werden. Das Ziel des Patienten hat sich allerdings geändert. Sein Denken wird jedoch dahingehend geschult, flexibel zu sein. Nicht alles Geplante tritt auch ein. Er kann lernen: “Ich kann meine Ziele verändern, wenn etwas nicht klappt“(auch für alltägliche Situationen.

 

Rückzugsverhaltensweisen(Vermeidung, Flucht, Aufgeben)

 

Oft kommen Patienten in die Ergotherapie, die Rückzugsverhaltensweisen erkennen lassen. Sie wollen es z. B. Vermeiden zu malen, zu werken, zu gestalten... Laut Dörner vermeiden, flüchten Menschen vor irgendetwas um negative Emotionen zu regulieren und um das Kompetenzgefühl zu retten. Es könnte sein, das ein Patient Angst verspürt eine Arbeit, die er nicht kennt oder nicht ausreichend Informationen über diese besitzt durchzuführen. Dies sollte von Ergotherapeuten respektiert werden. Es bedarf einem Gespür dafür zu erkennen, wann ein Patient bereit ist, diesen Rückzug zu verlassen um in ein aktives Verhalten überzugehen. Solange unterstützt der Ergotherapeut den Rückzug seines Patienten. Im konkreten Fall heißt das, wenn ein Patient während eines Arbeitsprozesses an einem Werkstück z.B. aufgibt, kann das für ihn notwendig sein, aufzugeben und sich von diesem zurückzuziehen. Der Therapeut sollte in der Lage sein zu verstehen, das der Patient dadurch eventuell versucht sein Gefühl von Frustration zu regulieren um keinen Kompetenzverlust zu erleiden.

Den Prozess der „Einkapselung“ unterstützen Ergotherapeuten nur dann, wenn es tatsächlich notwendig für das Kompetenzempfinden des Patienten wichtig erscheint. Patenten, die ein Erfolgserlebnis brauchen um das Kompetenzgefühl zu steigern, wird gewährt mehrmals eine sich ständig wiederholende Arbeit/Tätigkeit zu manchen. Jedoch sollte der Therapeut aufmerksam verfolgen, wann der Zeitpunkt gegeben ist, den Patienten, aus dem nun gut beherrschbaren Realitätsabschnitt hinauszuführen. Denn die Lösung der anderen Probleme soll nicht ganz außer acht gelassen werden und angegangen werden.

 

Resignation:

Darunter versteht Dörner, dass das Individuum es aufgibt, das Problem lösen zu wollen und sich in eine für es aversive (unveränderbare) Situation fügt. Das Individuum versucht nicht mehr, die Barriere zu überwinden, sondern gibt sich mit der gegebenen Situation zufrieden, scheint also die gegebene Situation in sein Leben zu integrieren. Bei dieser Integration von unveränderbaren Gegebenheiten können Ergotherapeuten ebenfalls unterstützen. Wenn es z. B. einem Patienten nicht gelingt eine unveränderbare Gegebenheit als solche zu erkennen, kann der Therapeut diese als solche benennen und dem Patienten die Realität sozusagen vorhalten. Das allein kann Frustration bei vielen Menschen bewirken, die in ihrem Leben oft dem Motto: “Geht nicht, gibt´s nicht!“ Gefolgt sind. Der Therapeut sollte versuchen feinfühlig eine Akzeptanz beim Patienten zu erreichen.

 

5.Zusammenfassung und eigene Bewertung

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Der Literaturvergleich hat hauptsächlich zwei Wege der Bewältigung aufgezeigt, die in der Ergotherapie bereits unterstützt werden. Das Wissen um die Bewältigungsformen schätze ich für die Ergotherapie als sehr wichtig ein. Ohne Wissen darüber, kann keine gezielte Behandlung und Unterstützung von kritischen Fällen, in der Ergotherapie stattfinden. Es ist wichtig einzelnen Bewältigungsformen in der Ergotherapie Raum zu geben, die sonst im Leben des Patienten zu „kurz“ gekommen sind. Oftmals haben Menschen keinen geeigneten Rahmen zur Bewältigung ihrer Gefühle und Probleme. Die Ergotherapie kann einen Rahmen bieten, in dem Patienten zumindest phasenweise ihren Bewältigungsstrategien intensiv nachgehen können. Alle Bewältigungsstrategien sollten meiner Meinung nach möglichst gleichmäßig beachtet werden. Nur durch ein gleichmäßiges Bearbeiten von Gefühlen und alltäglichen Problemen kann ein Gleichgewicht im Zustand des Patienten erzielt werden. Aufgabe des Ergotherapeuten ist es: Ungleichgewichte zu entdecken, diese dem Patienten aufzuzeigen, gemeinsam neue Wege entwickeln und ihn darin unterstützen, sie zu gehen bzw. nach ihnen zu handeln. Der Patient soll die Möglichkeit haben, seine Gefühle wieder zu regulieren, wieder Kontrolle über sein Leben zu erhalten und Wohlbefinden verspüren. Er soll die Möglichkeit haben, bereits gelerntes umzusetzen und neue Bewältigungsformen zu lernen, die ihn weiter aus der Krise bringen können. Je besser ein Ergotherapeut über verschiedene Zustände einer Krise und über Bewältigungsformen bescheid weiß, desto mehr hat er die Chance:

 

Die Verhaltensweisen seines Patienten einzuschätzen und zu verstehen

desto eher kann er Verständnis für ihn entwickeln

Desto empathischer kann er mit ihm arbeiten

desto besser können Ansatzpunkte und Ziele der Therapie formuliert werden

Desto eher kann ein respektvoller und akzeptierender Umgang mit dem Patienten stattfinden

Desto eher kann die Arbeit mit dem Patienten Erfolg haben.

Die Chance auf Heilung, Entwicklung, Wohlbefinden steigt.

 

Literaturverzeichnis:

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Bischof 1985, S.449

 

Bischof  1993

 

Dörner, D.(1979) Problemlösen als Informationsverarbeitung. Stuttgart: Kohlhammer.

 

Dörner D. 1980

 

Dörner, D.& Stäudel, T. (1990) Emotion und Kognition. In: K. Scherer (Hrsg.), Enzyklopädie der Psychologie-Psychologie der Emotion. Göttingen: Hogrefe.

 

Margret Dross  (2000): Krisenintervention/ Hogrefe

 

Droß (2001)

 

Filipp: Kritische Lebensereignisse 3. Auflage 1995/1990 Psychologie-Verlags-Union

 

Hartmann 1995,S.10)

 

Hautzinger (1998)

 

Holmes & Rahe (1967)

 

Konradt 1982,S.278

 

Lazarus (1966,1968)

 

Liebermann (1975)

 

Strohschneider, 1993, S. 48 ff

 

http://www.uni-bamberg.de/~ba 2dp1/dokumente

 

http://www.dvmb.reumanet.org/bv/79wendtner.htm

 

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